„Man merkt die Absicht und ist verstimmt!“– Wer Matthias Wissmann nicht erst seit wenigen Jahren, sondern schon seit seiner Ministertätigkeit kennt, der wird sich heute kaum noch wundern, wie solche ein ehemaliger CDU-Polit-Profi tickt, trickst … und handelt.
Und nicht zuletzt seinetwegen haben jetzt haben Umweltschützer die (noch) geschäftsführende schwarz-gelben Regierung kritisiert: Lobby-Absprachen mit der Autoindustrie werden ihr massiv vorgeworfen. Sei doch die eingeführte EU-Verbrauchskennzeichnung für Autos 2011 „maßgeblich von der Industrie diktiert worden“, wie die Deutsche Umwelthilfe Ende Oktober publik macht.
Ihre Begründung: interne Unterlagen des Wirtschaftsministeriums, für die die Kritik von der Regierung zurück gewiesen wurde.
Haltbar bleiben jedoch die Vorwürfe, Union und FDP hätten in vier Regierungsjahren schärfere europäische Klimaschutzvorgaben für deutsche Autobauer verhindert. Gestütuzt auf die publik gewordenen Großspenden aus Aktionärsfamilien der Auto- und der Metallindustrie an CDU, CSU und FDP.
Was seit Dezember 2011 gilt – für Neuwagen ist die Energieeffizienz bei Kraftstoff, Kohlendioxid-Ausstoß und Strom zu kennzeichnen, so wie Verbraucher es für Waschmaschinen oder Kühlschränke – wird unterlaufen.
Für Pkw’s reicht in diesem Sinne die Skala von „A+“ (sehr effizient) bis „G“ (weniger effizient). Doch Experten kritisieren, dass schwere deutsche Geländewagen bei hohem Sprit-Verbrauch gegenüber Kleinwagen falsch zugeordnet würden.
Doch trotz oder wegen solcher Vorwürfe hatte das Wirtschaftsministerium der Umwelthilfe erst nach juristischem Druck – auch mit Urteil des Europäischen Gerichtshofs – nach mehr als drei Jahren Akteneinsicht gewährt.
Diese Einsicht belege „erschreckend klar das Selbstverständnis der deutschen Automobilkonzerne und des Verbands der Automobilindustrie (VDA), die ungeniert die schwarz-gelbe Bundesregierung als Handlanger ihrer Interessen benutzten.“
Von der EU-Kommission wird deshalb gefordert, ein Verfahren wegen Vertragsverletzung gegen Deutschland zu prüfen. Habe doch die Autolobby nicht nur die Grundzüge der Rechtsverordnung verfasst, sondern auch zwischen beteiligten Ministerien vermittelt.
Dazu erklärte das Wirtschaftsministerium, es handele sich um die „übliche Empörungsrhetorik“ einer ‚Umwelthilfe‘, die einst die Verordnung noch öffentlich gelobt habe. Und schließlich habe das Ministerium die konkrete Ausgestaltung „selbstverständlich in eigener Verantwortung getroffen“, auch wenn man stets rechtlich verpflichtet sei, betroffene Verbände zu hören – auch die Automobilindustrie.
Klar, dass auch der Verband der Automobilindustrie (VDA) betonte, es sei gute und bewährte Praxis, dass von Gesetzesentwürfen betroffene Branchen und gesellschaftliche Gruppen ihre fachlichen Bewertungen und Informationen zur Verfügung stellten…
Doch halten auch Verbraucherschützer von Lobby Control dagegen: Ein Lobbyverband habe nicht einfach nur seine Positionen übermittelt, sondern hätte gleich noch die Ressortabstimmung übernommen.
In Brüssel hatte noch amtierende Bundesregierung von Union und FDP mehrfach eine Entscheidung über strengere CO2-Vorgaben für Autos in der EU verhindert, worauf zwei Wochen nach der Bundestagswahl bekannt wurde, das bei der CDU insgesamt 690.000 Euro von Johanna Quandt und ihren Kindern Stefan Quandt und Susanne Klatten eingegangen sind. Diese drei halten zusammen 46,7 Prozent an BMW. Die FDP bekam 210.000 Euro.
Für die ist Opposition damit alles klar: Sie verwies auf einen zeitlichen Zusammenhang mit der schwarz-gelben Blockade in Brüssel. Da mag die Regierung noch öfters erkläen, ihre Politik sei nicht käuflich.
Matthias Wissmann (* 15. April 1949 in Ludwigsburg) ist ehemaliger CDU-Politiker und seit Jahren deutscher Lobbyist. Seit 2007 ist er Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA).
Bei einer Kabinettsumbildung wurde er im Januar 1993 Bundesminister für Forschung und Technologie unter Helmut Kohl und schon im Mai 1993 Bundesministers für Verkehr. 1997 wurde bekannt, dass Wissmann als damaliger Bundesverkehrsminister mehrmals die Flugbereitschaft der Bundeswehr für offensichtlich private Zwecke genutzt hatte. Bei den Ausflügen zu angeblich wichtigen Tagungen in der Schweiz und in Italien hatte er seine Golfausrüstung im Gepäck. Nach der Bundestagswahl 1998 schied er am 26. Oktober 1998 aus der Bundesregierung aus.
Im August 2010 positionierte sich Matthias Wissmann als einer von 40 Unterzeichnern des Energiepolitischen Appells, einer Lobbyinitiative der vier großen Stromkonzerne, um die Laufzeitverlängerung deutscher Kernkraftwerke voranzubringen.
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