Die einen bangen, andere diskutieren und wenige in Deutschland gehen für die eigene Überzeugungen auf die Straße. Letzteres zu tun, wäre in den vergangenen fünf Wochen Grund genug gewesen, war die Zeit nach der Bundestagswahl doch aufregend wie wenig zuvor.
Seit Ende November liegt der 185 Seiten starke Koalitionsvertrag vor, worauf nahezu ganz Deutschland auf den Ausgang des SPD-Mitgliederentscheids wartet. Was aber ist zu erwarten? Wie stehen die Chancen der verschiedenen sozialen Gruppen, wenn die Große Koalition kommt?
Nimmt man den Koalitionsvertrag wörtlich, will die Große Koalition Abgeordnetenbestechung endlich unter Strafe stellen. Das hatte die CDU in der vergangenen Legislaturperiode noch blockiert. Außerdem haben sich Union und SPD darauf festgelegt, dass sie die Spekulation mit Nahrungsmitteln eindämmen wollen. Ein zentraler Grund für steigende Preise und damit für Hunger in der Welt.
Reicht aber auch die vereinbarte Mietpreisbremse aus, als ein erster Schritt zu bezahlbaren Mieten…? Zügig weiter verhandeln und schnell verabschieden will die neue Bundesregierung auch die EU-Datenschutz-Grundverordnung.
Was sich nicht durchsetzen ließ, nicht von SPD und CSU, ist die Einführung eines bundesweiten Volksentscheides. Auch wenn die Forderung nach Volksentscheiden so präsent war wie noch nie. Da mehr als 80 Prozent der Bürger mehr direkte Demokratie im Bund wollen, wird die CDU ihren Widerstand mittelfristig aufgeben, wenn nicht doch noch die Befürworter aufgeben.
Und dann ist da noch der NSA-Skandal, weswegen die Abgeordneten die Geheimdienste in den kommenden vier Jahren wohl nicht wesentlich wirksamer werden kontrollieren können.
Gekippt hat das Bundesverfassungsgericht die Vorratsdatenspeicherung gekippt, doch die Große Koalition will sie wieder einführen.
Und weil durch Spenden von Auto-Industriellen schon vor oder auch nach der Wahl große Summen an die Union flossen, ist im Koalitionsvertrag kein Satz zu finden, solch dubiose Parteispenden zu begrenzen.
Und auch das von SPD und CSU befürwortete generelle Gentechnik-Verbot steht nicht im Koalitionsvertrag. Zwar enthält der Vertrag zwar Kritik an der Förderung von Erdgas mittels Fracking. Doch die konkret aufgeführten Hürden für die Industrie sind niedrig.
Und so plant Schwarz-Rot plant einen Frontalangriff auf die Energiewende. Nach der Photovoltaik geht es der Windkraft an den Kragen. Die Koalition setzt auf Kohlekraft und will mit neuen Subventionen verhindern, dass alte Kohlemeiler eingemottet werden. Erneuerbare Energien will sie mit einem Ausbaudeckel blockieren.
Ein Vergleich zeigt: Der Koalitionsvertrag lässt nicht viel Gutes erwarten, auch wenn er nur eine Absichtserklärung und noch lange kein Gesetz darstellt. Bürger-Protest wird sich finden…
Denn im Mai steht mit der Europawahl der erste Stimmungstest an. Dann folgen wichtige Landtagswahlen. Trotz ihrer parlamentarischen Mehrheit kann der neuen Bundesregierung die öffentliche Meinung daher nicht egal sein.
Für viele ihrer Vorhaben ist die Regierung auf die Zustimmung im Bundesrat angewiesen. Dort verfügt Schwarz-Rot nicht über eine eigene Mehrheit. Zudem sind auch SPD-geführte Länder nicht an den Koalitionsvertrag gebunden, sondern verpflichtet, die Interessen ihrer Länder zu vertreten.
Fazit: Kein Gesetz verlässt den Bundestag unverändert.
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