…damit die Aktivisten gegen die Regierungen am Ball bleiben können.
Wer sich noch an die Schlagzeilen mit EHEC erinnert, verbunden mit einer Krise, in deren Folge im Frühsommer 2011 fast 4.000 Menschen erkrankten, 53 Personen starben und es bei 855 zu lebensbedrohlichen Komplikationen kam, der wird nicht überrascht sein, wenn Hunderte bis heute an chronischen, unheilbaren Symptomen leiden.
Inzwischen sind dies „fast nur Zahlen mit menschliche Schicksalen“, doch nicht nur für foodwatch stets verbunden mit zwei Fragen:
* Haben Politik und Behörden alles unternommen, um diese fast 4.000 persönlichen Katastrophen zu verhindern? Die Antwort lautet: Nein!
* Kann sich eine derartiges leidvolle Situation wiederholen, weil Politik und Behörden nicht die richtigen Lehren aus der EHEC-Krise gezogen haben? Die Antwort lautet: Ja!
In dieser Einschätzung sind sich die Aktiviten von foodwatch sicher, weil
erstens das Entstehen und das Ausmaß des EHEC-Ausbruchs vom Frühsommer 2011 durch politisches Versagen begünstigt wurde, was dran lag, dass unzureichende Vorgaben für Sprossenerzeuger und nachlässige behördliche Überwachung erhebliche Mängel in der Betriebshygiene erlaubten.
Denn das deutsche Meldewesen für Infektionskrankheiten war wohl völlig veraltet. Lebenswichtige Informationen kamen erst mit wochenlanger Verspätung an. Auch die rechtlich vorgeschriebene lückenlose Rückverfolgung jedes Lebensmittels über die gesamte Lieferkette hinweg funktionierte nicht.
All diese Mängel führten dazu, dass bis zur ersten Entdeckung möglicher Quellen Wochen vergangen sind. Wochen, in denen sich die meisten Opfer überhaupt erst infiziert hatten! Das heißt im Umkehrschluss: Ohne diese Mängel hätten deutlich bessere Chancen bestanden, Menschen vor gesundheitlichen und finanziellen Schäden zu bewahren.
Selbst die Europäische Kommission kritisierte das schwache Vorgehen Deutschlands bei der Bewältigung dieser Krise und spricht von „unangemessenen Reaktions- oder Kommunikations-Strategien“.
Zweiter Grund für die Einschätzung bei foodwatch war die Behauptung der Bundesregierung, die Krise sei erfolgreich bewältigt und die Ursache identifiziert worden:
Ein kleiner niedersächsischer Gartenbaubetrieb und Sprossenhersteller habe mit dem Keim belastete Sprossensamen aus Ägypten importiert und stehe als Quelle der Infektionen fest. Es sei eine Gesamtliste aller Erkrankungen und ihrer Verbindungen zu dem Sprossenbetrieb aus Niedersachsen erstellt worden. Seltsam dabei: Diese Liste wurde nie veröffentlicht.
Auf die im Mai 2012 von foodwatch geforderte Akteneinsicht stellte sich heraus: Eine „Gesamtliste“ mit allen 3.842 Erkrankungsfällen hat es nie gegeben, denn nur maximal 500 Ausbruchsfälle wurden erklärt.
Bis heute ist also völlig unklar, wie viele der Erkrankungen tatsächlich mit dem niedersächsischen Sprossenhersteller in Verbindung gebracht werden können. Rund 3.300 – also fast 90 Prozent! – der Erkrankungen sind folglich ungeklärt!
Trotzdem haben sich die Regierungen von Bund und Ländern entschieden, den EHEC Fall zu den Akten zu legen. Egal, wie viele Fragen offen bleiben.
Sich dagegen zu wehren, fordert foodwatch wegen einer „unerträglichen Missachtung von Menschenleben“ und ebensolcher Arroganz.
Drittens werde mit der Behauptung, die EHEC-Krise von 2011 sei aufgeklärt, die Bevölkerung von der Bundesregierung getäuscht und man wiege Öffentlichkeit in falscher Sicherheit. Denn eine Behauptung, der EHEC-Erreger sei aus Ägypten eingeschleust worden, war und ist lediglich Spekulation.
Statt konsequent Lehren zu ziehen und Mängel zu beseitigen, bestehen erkennbare Schwächen und vermeidbare Risiken bei den Vorgaben, wie diese von Erzeugern einzuhalten sind, die mit hygienisch hochsensiblen Lebensmitteln handeln. Doch geschieht dies eher unverändert lax und fahrlässig.
Darf ein Staat wie bei EHEC alarmierend versagen beim Schutz seiner Bürger, ohne daraus eine angemessene Lehre zu ziehen? Denn EHEC kann sich jederzeit wiederholen. Der Keim ist schließlich nicht eliminiert – er befindet sich nach wie vor in der Umwelt!
Sich in der Demokratie dagegen zu wehren, ist ein Grundrechte, das nicht ausgehöhltwerden darf. Wer dies erkennt, der darf auch dort helfen, wo die Aktivisten ganz vorne stehen: bei foodwatch.
Dort eben, wo die „Lügen der Bundesregierung und die Vertuschungsmanöver der Behörden“ aufgedeckt werden konnten, weil foodwatch über die EHEC-Krise 13 Monate lang recherchiert, Akteneinsicht beantragt und große Mengen von Daten akribisch analysiert haben.
Wenn Gleichgesinnte dies als zwingend erkennen, muss foodwatch aber auch feststellen, dass dies ohne finanzielle Unterstützung “ nur verdammt schwer möglich ist…“.
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