„Der Islam gehört zu Deutschland!“ dürfte als wenig allgemeingültige Aussage des Ex- Bundespräsidenten Chistian Wulff zu einem seiner höchsten Stolpersteine geworden sein, das Amt schließlich nicht halten zu können. Dass Muslime Christen schon mal für „Ungläubige“ halten, wird sich kaum getraut zu diskutieren und als Haltung konsequent abzulehnen. Andererseits kommen in manchen Gemeinden auch schon mal ‚Gebetskreise‘ mit Muslimene und Christen zutande…
Und so nimmt inzwischen der islamischer Religionsunterricht an deutschen Schulen konkrete Formen an. Einigen Schulen in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Hessen steht ein ordentliches Islam-Unterrichtsfach bevor, in vielen anderen Bundesländern laufen Modellversuche.
Dazu bedarf es der Zentren der Lehrerausbildung für eine eigenständige und etablierte Didaktik für den Islamunterricht in Deutschland, an der sich Lehrkräfte orientieren können. Doch diese fehlen noch.
Gül Solgun-Kaps ist Konrektorin, Mitglied des Bayerischen Integrationsrates im Bayerischen Landtag, seit 2000 Beraterin des Projekts „Islamunterricht in deutscher Sprache“ in Augsburg und inzwischen Herausgeberin des Lehrwerkes „Mein Islambuch“ ; eine Didaktik für die Grundschule.
Hier ein paar Antworten auf Fragen des Verlages an die Herausgeberin:
Welche sind Ihrer Ansicht nach die größten Herausforderungen eines modernen islamischen Religionsunterrichts?
Gül Solgun-Kaps: Nach wie vor stehen wir Lehrkräfte vor vielen Verboten. Das Verbot etwa, Bilder oder Zeichnungen von Propheten zu verwenden oder als Hefteintrag aufzumalen, erschwert die Islamdidaktik. Es gibt auch noch zu wenig theologische Texte, die für Grundschulkinder geeignet sind. Lehrkräfte müssen einen Weg gehen, auf dem sie ganz schnell an ihre Grenzen stoßen und zwischen den Stühlen stehen: Die Eltern einerseits, die Verbände und Gemeinden andererseits.
Die einzelnen Gruppierungen innerhalb des Islam und ihre Anschauungen müssen detailliert analysiert und in den Unterricht eingebaut werden. Lehrkräfte benötigen hier von Seiten der Universitäten und der Islamtheologen Unterstützung.
Welchen Tipp haben Sie zu Ihrem Buch, die Lektüre und die Arbeit mit diesem betreffend?
Gül Solgun-Kaps: Nachdem im Buch die gesamte Geschichte des Islamunterrichts von zahlreichen Fachmännern und -frauen beschrieben wird, werden die Leser schnell feststellen, dass sie hier mehr als eine reine „Islamdidaktik“ benötigen.
Ich kann alle Interessierten ermuntern, an einem modernen Islamunterricht mitzuarbeiten, die Beispiele umzusetzen und weiterzuentwickeln. Ich möchte die Lehrkräfte ermutigen, eine Islamdidaktik mit zu diktieren, damit alle muslimischen Schüler/innen ihren Glauben auch hier in Deutschland kennen lernen und ausleben können und dies friedlich unter einem Dach mit vielen Andersgläubigen.
Und noch eine letzte Frage: Wie schätzen Sie die Zukunft des Islamunterrichts in Deutschland ein?
Gül Solgun-Kaps: Nachdem die Entwicklungen der letzten Jahre doch sehr schnell vorangehen und wir uns von Projekten immer mehr verabschieden, bin ich der festen Meinung, dass der Islamunterricht in Deutschland inzwischen fest installiert ist. Es ist für alle Mitbürger eine Chance, wenn muslimische Kinder nicht in Hinterhöfe gedrängt werden, wenn sie über den Islam „etwas“ lernen wollen. Für den Integrationsprozess ist die religiöse Sozialisation eine wichtige Säule.
Damit aber der Islamunterricht eine gute Chance hat, müssten alle Seiten – Verbände, Gemeinden und die zuständigen Ministerien – Hand in Hand zusammenarbeiten und mehr Lehrer einstellen.
nach: TeachersNews vom 25.08.2014
Quelle: Cornelsen Schulverlage GmbH
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