Was waren das doch für Zeiten: die Zweiräder hatten noch keine Gangschaltung, dafür einen breiten Gepäckträger, auf dem nicht nur die Freundin als ‚Soziae‘ sitzen konnte, und die Rücktrittsbremse war recht zuverlässig. Bei Heranwachsenden galten im alemannischen Sprachraum diese ‚Drahtesel‘ dann eher als „Geppel“. Radwege gab es noch keine…
Heute wird mit elektrischer Unterstützung gefahren, gute Räder kosten bis zu 2000 Euro, Radwege und Radwanderwege gibt es allerorten und viele Radler tragen Helm.
In diesem Radler-Konglomerat aus Anspruch, hoher Technik und Sicherheit verschärft sich jetzt das Thema „Radfahren mit Alkohol“. Mit den Ergebnissen aus neuen Studien wird sich deshalb auch die Rechtsprechung in den kommenden Jahren verändern.
Konkrete Fragestellung: Kann ein geübter Radler beweisen, dass er unter Umständen mit bis zu 1,6 Promille Blutalkohol-Konzentration sein Rad (noch) sicher fährt?
Denn so manches mal wird zuviel getrunken, wenn man(n) mit dem Rad in der Freizeit oder nach Geschäftsschluss noch in den Biergarten oder an den Stammtisch fährt.
Frage deshalb: Wann muss man nach dem Konsum von Alkohol bei einem Fahrradfahrer von „absoluter Fahruntüchtigkeit“ sprechen?
Bislang liegt der Wert dafür bei 1,6 Promille, was vor mehreren Jahren durch die Rechtsprechung auf Grundlage von Versuchen mit Probanden in den achtziger Jahren festgelegt wurde.
Doch die Unfallforschung der Versicherer (UDV) hat inzwischen ein Forschungsprojekt abgehalten, das vom Institut für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums Düsseldorf bearbeitet wurde. Hierbei wurde dieser Grenzwert mittels neuer, realer Fahrversuche in echt geprüft.
Grundlage bildete ein ehemaliger Parcours, der allerdings um einige Elemente und Fahraufgaben erweitert wurde, um aktuelle Anforderungen an Radfahrer im Straßenverkehr besser abzubilden.
Dabei waren die Rahmenbedingungen für die Alkoholaufnahme deutlich „praxisnäher“ und die Messungen der Alkoholisierung als auch der Leistungsfähigkeit der Versuchsteilnehmer waren konkreter und genauer.
Die Überraschung: Manche Radler fuhren im Vollrausch sicherer als nüchterne Probanden…
Verglichen wurden 83 Teilnehmer im Testparcours, bei denen die Fahrleistungen – insbesondere die Art und Anzahl der Fahrfehler – bei verschiedenen Alkoholisierungsgraden mit dem zunächst nüchternen Zustand ge-checkt wurden. Ergebnis: eine erhebliche Streuung in den Fahrleistungen der einzelnen Teilnehmer.
Die individuelle Leistung verschlechterte sich mit zunehmender Blutalkoholkonzentration (BAK) im Allgemeinen und ab etwa 1,1 Promille sehr deutlich. Die Überraschung: einzelne Probanden machten selbst bei 1,6 Promille nominal weniger Fahrfehler als der Durchschnitt aller Teilnehmer im nüchternen Zustand.
Fazit: die Studie lieferte laut den GDV-Unfallforschern zwei Erkenntnisse. Zum einen bestätigte sich das Ergebnis früherer Forschungsprojekte, weil eben die Fahrtüchtigkeit mit zunehmender Alkoholisierung auch bei Radfahrern abnimmt.
Bleibt die Besonderheit, nach der ab 1,6 Promille ausnahmslos jeder Radfahrer als fahruntüchtig anzusehen ist.
Schon 0,3 Promille sind gefährlich
Ohne Zweifel gefährden erheblich alkoholisierte Radfahrer sich selbst und andere, was zukünftig zu ahnden ist.
Doch anders als beim Autofahren, wo für die „relative Fahruntüchtigkeit“ auch der Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit Fakt ist, gibt es dies für alkoholisierte Radfahrer nicht.
Doch auch Radfahrer können schon ab 0,3 Promille strafrechtlich belangt werden, wenn Sie auffällig sind oder einen Unfall verursacht haben.
Also: Auch alkoholisiertes Radfahren sind strafrechtlich schuldig, wenn sie mit Alkohol am Verkehr teilnehmen. Da nützt auch nicht, wenn man mit ordentlicher Beleuchtung und Helm unterwegs ist…
Schreibe einen Kommentar