Opa Wilhelm war einst für die Neugier bei Technik und Drachenbauen präsent, Oma Resle lud ein zum phänomenalen Reisauflauf mit Rosinen, der Vater war schon in den 50-ern ein Workaholic, den es damals noch gar nicht gab und Mutter Lu war die Fürsorge im Haus, hatte für alles Verständnis, auch für sich selbst, wenn es drum ging, ob heute ein Freibad-Badetag sein könnte…
Und Sexualität…? Die gehörte in den späten 50er-Jahren noch nicht zu den häuslichen Themen, allenfalls der katholische Beichtspiegel mit dem „vielen Unkeuschen“, das man denken oder gar tun konnte.
Die Frage, ob den im 3. Jahrtausend Homosexualität wirklich auf den Lehrplan gehöre und ob man schon in der Grundschule über Sex sprechen darf, entzweit die Pädagogen, auch wenn die „Experten“ (?) ja sagen. Denn es helfe, Wissen auf- und Vorurteile abzubauen.
Noch ist Sexualkunde genau das Thema, über das man in der Familie und in der Schule eher schweigt; nicht so auf dem Pausenhof.
Derweil diskutiert die Gesellschaft zur Zeit umso leidenschaftlicher, um sexuelle Aufklärung künftig stärker interdisziplinär in den Lehrplänen der Länder fest zu schreiben.
Doch bei Homo-, Trans- und Intersexualität runzeln nicht nur Eltern die Stirn: Muss man bereits als Kind oder doch als Jugendlicher in der Schule erfahren, was schwul und lesbisch ist?
Können Lehrer tatsächlich offen über ihr erstes Mal sprechen? Muss Aufklärung womöglich schon in der Kita betrieben werden, was den Kritikern nach zur „Frühsexualisierung“ der Schüler führt…?
Was tatsächlich in im Unterricht in welchem Umfang behandelt wird, ist sehr unterschiedlich. Denn das hängt auch von der Kompetenz der Lehrkraft und den Themen ab, die für die Schüler besonders relevant sind.
Dazu zeigt die Jugend-Sexualitätsstudie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) aus dem Jahr 2010, dass fast alle Schüler zwischen 14 und 17 Jahren im Unterricht irgendwann einmal die „Geschlechtsorgane von Mann und Frau“ besprochen haben, samt „Regel, Eisprung und fruchtbare Tage der Frau“. Hinzu kommen Geschlechtskrankheiten, körperliche Entwicklung Jugendlicher, Empfängnisverhütung und Schwangerschaft und Geburt.
Homosexualität oder sexuelle Gewalt werden manchmal besprochen, während Tabuthemen wie Pornografie oder Prostitution selten thematisiert werden
Der Anspruch: „Eine gute Sexualerziehung soll Kinder und Jugendliche später zu einem selbstbestimmten Umgang mit Sexualität befähigen“. In diesem Sinne gehört zur sexuellen Selbstbestimmung, dass Menschen frei entscheiden dürfen, wie sie ihr Sexualleben und ihre Partnerschaften gestalten wollen.
Welchen Stellenwert hat aber das Modell „Vater-Mutter-Kind“? – Oder wachsen schon viele Kinder mit zwei Vätern oder zwei Müttern auf.
Wie lange aber warten, wenn eine „Conchita Wurst“ als die „Frau mit Bart“ von den Medien geradezu verfolgt wird… Muss man warten, bis Jugendliche ihre eigene sexuelle Identität entdeckt haben, bevor man ihnen ihnen vermittelt: Mensch – Geschlecht – sexuelle Orientierung.
Kann es nicht auch sein, dass „sexuelle Vielfalt“ auch aus Neugier geboren wird und als hip und trendy gilt…So ganz nach: “ Ein Bissel bi schadet nie…!?
Noch 2012 stellte sich „quer Bildung“ dar, dass Homophobie unter den Jugendlichen nach wie vor keine Seltenheit ist, „schwul“ oder „Schwuchtel“ auf den Schulhöfen aber nur als unreflektiertes Schimpfwort benutzt wurden.
Man mag es glauben oder nicht: Langfristig thematisierte Homosexualität, die mit Jugendlichen ausführlich im Unterricht besprochen wurde, brächte Toleranz und vor allem Information zu und über LSBT – Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender. Ob die Einstellung dazu dann als „positiv“ gelten kann, mag entscheiden, wer will.
Forscher plädieren jedenfalls dafür, das Thema möglichst früh zu behandeln, schon vor der 6. Klasse, denn „Kindern soziale Vielfalt als etwas Selbstverständliches nahezubringen, ist einfacher, als bereits verfestigte Vorurteile bei Jugendlichen abzubauen.“ Punkt!
Fakt oder Spekulation: Von einer frühzeitigen Sexualerziehung können Kinder profitieren.
Wo aber soll diese stattfinden? In der Schule oder reicht es aus, wenn Eltern ihren Kindern daheim das nötige Wissen und die nötigen Werte mitgeben?
Die Schule gilt allerdings die wichtigste Informationsquelle. So geben acht von zehn Jungen und Mädchen an, den Großteil ihres Wissens über Sexualität, Fortpflanzung und Verhütung aus dem Unterricht zu haben. Wenn sie Wissenslücken entdecken, fragen sie dort auch am häufigsten nach.
Neben Eltern sind Lehrer daher ebenfalls in der Pflicht, ihren Teil zur Aufklärung beizutragen – vor allem in Bezug auf Jungen beziehungsweise Jugendliche mit Migrationshintergrund, die ihre Eltern seltener ins Vertrauen ziehen, wenn es um das Thema Sex geht.
Nicht alle Lehrer fühlen sich jedoch ausreichend auf ihre Aufgabe vorbereitet, weil sie während des Studiums keine Ausbildung in Sexualerziehung erhielten.
Und von den geschulten bezeichnen sich nur 10 von 100 als vorbereitet. Entsprechend sind die Lehrkräfte verunsichert: lieber geht es um den Biber im Schwarzwald und um Elektrizität…
Na, dann…
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