Hey, Sie kenn‘ ich! Sie sind Evaluator!
Als vor 20 Jahren den Lehrern die „Evaluation“ als modische, weil pädagogisch als sinnvoll erachtete Neuerung gepriesen wurde, kursierte in den Lehrerkollegien folgende Short-Story.
Ein Hirte, der ganz gelassen seine recht große Schafherde hütete, beobachtet, wie ein Helikopter eine Zeit lang über der Weide kreist und schließlich auch landet. Es steigt ein Mann mit Laptop aus, der geht auf den Hirten zu und ’stellt fragend fest‘: „Wissen Sie, dass Sie 149 weiße Schafe und ein schwarzes haben?“
Der Hirte entgegnet trocken: „Nein, das ist mir neu.“ Der Hirte pariert und kontert: „Aber ich weiß, wer Sie sind. Sie sind ein Evaluator.“ Der Mann ist verblüfft und fragt: „Woher wissen Sie das?“ – „Erstens, Sie sind gekommen, obwohl ich Sie nicht gerufen habe. Zweitens, Sie haben mir etwas gesagt, was ich schon immer wusste. Und drittens, das schwarze Schaf ist ein Hund.“
Eine recht kecke Geschichte. Sie verrät einiges über unnötige, weil auch schlecht gemachte Evaluation. Aber – man sei ehrlich – sie verrät auch die Abwehrhaltung der Lehrer/innen, wenn es darum geht, deren tägliche Arbeit einem kritischen Feedback auszusetzen.
Grund ist nicht die viel geschmähte und gescholtene Qualitätsanalyse, die von oben organisiert und damit unvermeidbar ist. Als Fakt muss gelten, dass einzelne Lehrer/innen immer noch viel zu selten ihre Klassen und Kursen – anonym! – befragen, wie diese den Unterricht tatsächlich wahrnehmen und beurteilen. Denn die wahren Experten für Unterricht sind die Schüler/innen; sie erleben regelmäßig Hunderte von Unterrichtsstunden und zig Lehrpersonen.
Drum man sich rauen, es ausprobieren, wenn dazu die gehörige Portion Mut besteht. Schüler/innen würden Respekt vor einer solchen Haltung haben. Denn sie würden sich ernst genommen fühlen. Sie könnten überraschenden Befunde liefern, die man sonst nicht z ahnen wagte. Die nun könnten helfen, effektiver – oder besser – effizienter und schülernäher zu unterrichten.
Man stelle sich vor, Lehrer/innen würden bereits übermorgen von der Kultusbehörde ernsthaft nach beruflichen Erfahrungen und Vorschlägen gefragt; man wäre wirklich an solcherlei Expertise interessiert.
Ausgeschlossen, utopisch? Vermutlich ja! Aber das sollte nicht davon abhalten, selbst offen zu sein für den Diskurs und den Dialog mit denen, die den Lehrern täglich gegenüber sitzen. Solche ‚Expertisen‘ sollte man nutzen.
Unter den „bunten Säuen“, die von Jahr zu Jahr durchs pädagogische Dorf getrieben werden, findet sich manchmal eben auch ein alltagstaugliches Exemplar. Das nun kann auch für die Evaluation gelten.
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