o d e r Wie man politisches Selbstbewusstein steigert – Südkurier Konstanz vom 2. Juli 2011// Mehr Geld für Abgeordnete
Guten Tag, Herr Schebesta, es muss den Wahl- und Wut-Bürger shon überraschen, wenn „das Selbstbewusstein der Parlamentarier“ – und damit wohl auch Ihres als MdL – nur durch eine ständig erhöhte, weil angemessene Bezahlung besser wird. Da habe ich mir doch mit gelbem Markerstift angestrichen, wie Frau Renz vom Südkurier in Stuttgart Sie zitiert. Und dann dazu auch gleich meine Fragen:
1. Können Sie sich vorstellen, dass möglicherweise mein Selbstbewusstsein ganz unten ist?
Dass ich seit Jahen burn-out bin, ich tagtäglich mit Depression, Kollegen-Mobbing und Schüler-Phobie kämpfe… Nicht! Ja, es stimmt auch nicht!
2. Halten Sie die Dienstbezüge von Lehrern für ausreichend für deren Selbstbewusstein…??? Dann antworten Sie mir. Freundlichen Gruß W. B. 62, OStR.
E-Mail-Antwort eines MdL
Sehr geehrter Herr B., vielen Dank für Ihre e-mail. Nein, mein Selbstbewusstsein als Parlamentarier wird nicht „nur durch eine ständig erhöhte“ Bezahlung besser. Aber ich finde meine Aussage im Landtag richtig, dass zum Selbstbewusstsein des Parlaments „auch“ gehört, dass eine angemessene Bezahlung geregelt wird.
Herr Kollege Stoch von der SPD hat es übrigens so formuliert: „…zu einem selbstbewussten Parlamentarier in einem selbstbewussten Parlament gehört auch, … dass diese Tätigkeit entsprechend dotiert sein muss“.
In meiner Rede bin ich zuvor – auch weil es die erste Debatte zu Angelegenheiten der Abgeordneten in der neuen Legislaturperiode war – auf die Punkte eingegangen, die „zuerst“ zur selbstbewussten Wahrnehmung der Rolle als Parlament und als Abgeordnete gehören.
Sie können die Rede im Originalwortlaut nachlesen auf der Homepage des Landtags, www.landtag-bw.de unter Dokumente – Plenarprotokolle – 15. Legislaturperiode – 30. Juni 2011 und dort auf Seite 218.
Wir Parlamentarier nehmen eine wichtige Funktion in der Demokratie wahr. Wir ringen um die richtigen Entscheidungen für wichtige Zukunftsfragen, wir stehen für Diskussionen mit den Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung und stellen politische Entscheidungen sowie die Gründe dafür dar, wir geben mit unserer Teilnahme an Veranstaltungen gerade von Vereinen oft auch am Wochenende Zeichen der Unterstützung des Ehrenamtes usw. Und wir setzen uns den Auseinandersetzungen in der Öffentlichkeit über Politik und Person aus.
Gerade der letzte Punkt ist für viele ein Grund, sich politisch nicht zu engagieren. Der nächste Satz meiner Rede nach der zitierten Passage war: „Wir haben ein Interesse daran, dass auch diejenigen, die auf unterschiedlichen Feldern beruflichen Erfolg haben, sich um ein Landtagsmandat bewerben und nicht sagen, aus finanziellen Gründen sei es zu unattraktiv, sich dieser Gemeinschaftsaufgabe zu stellen, diese Verantwortung in der Demokratie wahrzunehmen, sondern sich für den Landtag bewerben, und dass wir so ein breites Abbild unserer Gesellschaft im Parlament haben.“ Ich denke, das sehen Sie genauso.
Die Abgeordnetenentschädigung betrug in der abgelaufenen Legislaturperiode übrigens 5.047 Euro, das Grundgehalt der Besoldungsgruppe A 14 in der obersten Stufe 4.997,13 Euro (Stand 01.04.2011).
Ich finde, bei diesem Unterschied – und selbst dem Unterschied zur Besoldung dieser Gruppe auf unteren Stufen – und unserer Verantwortung mussten wir Abgeordnete des baden-württem-bergischen Landtags uns nicht vorwerfen lassen, wir würden zu viel Entschädigung erhalten.
Die Diäten sind dabei schon in der letzten Legislaturperiode mit der allgemeinen Lohn- und Gehaltsentwicklung indexiert worden, was 2010 zu einer Reduzierung der Diät geführt hat.
Bisher war in Baden-Württemberg im Unterschied zu anderen Bundesländern eine Tätigkeit im öffentlichen Dienst neben dem Abgeordnetenmandat möglich, dafür war die Diät deutlich niedriger als z.B. in Bayern.
Deshalb wurde unser Landtag auch als „Teilzeit-Parlament“ bezeichnet. Die meisten Kollegen sind aber schon keiner anderen Tätigkeit neben dem Mandat mehr nachgegangen. Im Zuge der Parlamentsreform ist eine Inkompatibilität von jeder Tätigkeit im öffentlichen Dienst mit dem Abgeordnetenmandat geregelt worden und die Anpassung der Diät an das Niveau von Bayern erfolgt, wo diese Inkompatibilität wie ausgeführt schon galt.
Ich habe versucht, Ihnen die Gründe für die aus Sicht des Parlaments angemessene Bezahlung der Abgeordnetentätigkeit darzustellen, und hoffe, Sie können diese Gründe nachvollziehen.
Mit freundlichen Grüßen Volker Schebesta, Offenburg, Mitglied des Landtags BaWü
Und noch mal der Bürger
Guten Abend, Herr Schebesta, da Sie es gewöhnt sein werden, in der Öffentlichkeit zu stehen,
werde ich als web-Blogger meine Mail an Sie und Ihre Antwort darauf ins Netz stellen (www.iposs.de oder auch www.trupoli.com.)
Leider haben Sie wegen der kritisierten Diäten-Erhöhung nicht vollständig darauf geantwortet,
(„sie vergleichen eine A14 Endstufe nach 35 Berufsjahren (!!) mit Birnen“…) ob nicht auch Lehrer jeder Schulart ihr Selbstbewusstein erhöhen könnten oder es ihnen erhöht würde, wenn Sie denn als Voll-Akademiker von Jahr zu Jahr dann auch angemessener bezahlt würden.
Letzteres gilt z. B. für Berufseinsteiger an beruflichen Schulen zweifelsfrei nicht.
(Ganz schnell war übrigens der Pfister Ernst, FDP, mit mir Abi-Jahrgang 1967, aus dem Schuldienst weg, als es hieß, er könne wohl MdL werden).
Lassen Sie mich zusammenfassen: Ihrer Äußerung zur „wichtigen Funktion“ in der Demokratie hinkt z.B. auch deutlich hinter der wichtigen Aufgabe von Pflegepersonal hinterher. Und auch diese Personengruppe wird – zweifelsfrei – zu schlecht bezahlt…
Da ich Sie persönlich nicht kenne, kommen Sie bei mir wegen Ihrer misslichen Äußerung
vorerst in die Schublade derer, die halt mal über die Partei-Schiene und die sog. „Ochsentour“
auf die Nominierungs-Liste kamen und so „Politiker“ wurden. Nicht mehr und nicht weniger.
„Parteisoldaten“ gab es immer, wird es immer geben…und auch solche Politiker, die sich
zu Diätenerhöhung verbal verirren.
Gibt es auch deutlich mehr Lehrer als Politiker, hat wohl jede gesellschaftliche Schicht
den Anspruch auf eine angemessene Bezahlung ohne eine unnötige, ausschweifend politisch Betrachtung.
Gute Zeit und freundlichen Gruß W. B. (62)
Schreibe einen Kommentar