Wer türkische Nachbarn hat, wer als Lehrer in Klassen unterrichtet, in denen zwei Drittel der Schüler einen Migrationshintergrund haben oder wer plötzlich Verwandter wird durch eine bi-nationale junge Ehe wird, der bedarf kaum der Schlagzeilen zu Migration und Integration, die seit Jahren die Informationen in den Print-Medien mit bestimmen.
Dass dabei oft Begriffe verwendet werden, die nicht mal genau bestimmen, was damit gemeint
ist, müsste stutzig machen, denn Migration zu erklären, dürfte den meisten Lesern schwerfallen.
Migration stammt aus dem Lateinischen „Migratio“ und bedeutet so viel wie „Wanderung“.
Menschen verlassen ihre Heimat, weil sie keine Arbeit finden oder weil andere Gründe sie zur Flucht veranlassen. Dorthin, wo Integration (lat. integrare = wiederherstellen, Herstellung
eines Ganzen) als eine „Zusammenführung des Verschiedenen“ erwartet wird und eben dieses Verschiedene kenntlich bleibt.
Wird politisch diskutiert, wird dies oft als ‚Assimilation‘ verstanden, was bedeutet, dass die eigene kulturelle und sprachliche Herkunft im Sinne einer vollständigen Anpassung an die neue Gesellschaft aufgegeben wird. Dabei ist nicht geregelt, an welche Normen und Werte sich „Einwanderer“ genau anpassen sollen, weil das Leitbild fehlt, angepasster Ausländers oder „integrierten Deutscher“ zu werden.
Beim wechselseitigen Prozess zwischen Zuwanderern und Einheimischen als „die Integration“ sollen sich die Lebensverhältnisse beider Gruppen angleichen und gleiche Chancen in der Gesellschaft erreichen lassen. Dabei spielt sich die Interaktion in den Bereichen der kulturellen, sozialen und politischen Integration ab. Wie hoch ist aber die gleichberechtigten Teilhabe an Bildung, Erziehung oder Ausbildung?
Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund schneiden noch immer deutlich schlechter ab als deutsche Mädchen und Jungen, was sich auch zu 32 Prozent darin zeigt, dass deutsche Schüler mit dieser Quote die Hoch- oder Fachhochschulreife erlangen; bei den ausländischen Schülern sind es nur 12 Prozent.
Doch Integration braucht Zeit und lässt sich nicht erzwingen, dauert eine Generation und länger, bis sich Migranten angepasst haben. Das könnten jene bestätigen, die als Deutsche im Ausland ihre kulturellen Wurzeln behalten und gepflegt haben – in Traditionen und mit Festen.
Heimkehrer oder Einwanderer
Über Jahrzehnte ging man in Deutschland davon aus, dass die einst gerufenen ausländischen Arbeitskräfte wieder heimkehren würden, was sich die „Arbeits-Migranten“ als Rückkehr-Illusion vorstellten, wobei man sich in Deutschland eher keinen Einwanderungsprozess vorstellte wie oft behauptet wird. Deshalb wurden Integrationsprobleme viel zu spät als wichtiges gesamtgesellschaftliches Politikfeld erkannt und Maßnahmen zur Integration getroffen.
Wenn Artikel 73 des Grundgesetzes klar die Einwanderung als Aufgabe des Bundes benennt, gilt als Fakt, dass von 1955 bis 1973, dem Jahr des Anwerbestopps, 14 Millionen Migranten in die alte Bundesrepublik kamen, elf Millionen zogen im selben Zeitraum wieder weg.
Wer lässt sich eingliedern…?
Die Reform des Ausländergesetzes in 1991 brachte die Wende in der Ausländerpolitik, wodurch ein Rechtsanspruch auf Einbürgerung gegeben war. Dabei unterstützen Kirchen, Gewerkschaften und
Wohlfahrtsverbände bereits früh die Gastarbeiter als Arbeitsmigranten durch Beratung oder »Eingliederungshilfen, auch wenn es eine staatliche Integrationspolitik noch lange nicht gab.
Erst 1979 kam es zum ersten Ausländerbeauftragte der Bundesregierung, der die bisherige Ausländerpolitik kritisierte, die zu sehr von arbeitsmarktpolitischen Gesichtspunkten geprägt gewesen sei. Es folgte die Forderung, die faktischen Einwanderung anzuerkennen und mit Integrationsmaßnahmen wie auch dem Kommunalwahlrecht für Ausländer zu begleiten.
Wo aber steht Deutschland jetzt, wenn es denn keine Gastarbeiter mehr gibt, sondern Einwanderer? Schon 1980 blieb die damalige sozial-liberale Bundesregierung mit ihren Beschlüssen zur Ausländerpolitik weit hinter den Forderungen ihres Ausländerbeauftragten zurück. Vorschläge für ein Ausländerwahlrecht oder für erleichterte Einbürgerung für ausländische Jugendliche wurden abgelehnt.
Und im September 2011 zeigt sich die noch junge Landesregierung im Ländle uneins über die grün-rote Ausländer-, Migrations- oder Integrationspolitik… Eine Türkin aus Berlin wurde für Baden und Württemberg als Landes-Integrationsministerin berufen…
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